Produkte im stationären Geschäft zu präsentieren und in aller Hoffnung auf den nächsten Kunden zu warten, reicht heute für keinen Händler mehr aus. Händler sind sich mittlerweile bewusst, dass sie einer Vielzahl unterschiedlichster Kunden, einem veränderten Konsumverhalten bis hin zu mehr Onlineaktivitäten und damit einhergehenden verschiedensten Bedürfnissen und Wünschen gegenüberstehen. Bereits vor Jahren wurde der stationäre Handel als überholt abgetan. Insbesondere durch die weite Verbreitung und das Wachstum des Online-Handels. Als Reaktion haben sich viele große Marken, wie Zara, Nike und innovative Händler, den erfahrungsorientierten Einzelhandelsstrategien zugewandt, um das Kundenerlebnis in physischen Geschäften wiederzubeleben. Angeboten wird das Erlebnis-Shopping – Lust in einer komplexen Welt.

Was ist Erlebnis-Shopping?

Die erfahrungsorientierten Strategien im stationären Einzelhandel konzentrieren sich weniger auf den direkten Verkauf, sondern mehr darauf, ansprechende und einzigartige Erlebnisse für die Kunden zu schaffen, Schlüssel zur Markentreue und Kundenbindung. Dabei ist die zugrundeliegende Gleichung einfach: Je länger die Aufenthaltsdauer und je einzigartiger das Erlebnis, desto höher der Umsatz und die Weiterempfehlungsrate bzw. die Kundentreue. Aufenthaltsqualität, Bequemlichkeit und der Wunsch nach einem Erlebnis, einer sozialen Interaktion treibt die Kunden zurück in die stationären Geschäfte. Gerade jetzt, da nach einer langen Zeit des Wartens Geschäfte, Cafés, Restaurants und Biergärten wieder öffnen, sehnen sich die Menschen nach der besonderen Atmosphäre, die es beim Online-Kauf nicht gibt. Vorrangig sind ansprechende und sinnliche Erlebnisse, die durch emotionale Anreicherung den stationären Handel zum sogenannten dritten Ort (“Der dritte Ort: Wohlfühlen und Erlebnis im stationären Handel“) machen. Was macht aber das Erlebnis aus oder wie kann ein Erlebnis beim Einkaufen geboten werden?

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Einkaufserlebnis durch Shop-Design

Ein wesentlicher Erlebnisfaktor ist das stationäre Geschäft selbst, also der Raum um die eigentlichen Produkte. Es ist sicherlich sehr verlockend, die Ladenfläche mit so vielen Waren und Produkten wie möglich vollzustellen. Aber das genau sollte nicht das Ziel sein. Es geht darum, dass sich der Kunde in ein Geschäft begibt und sich dort möglichst lange verweilt, wohlfühlt und einen Einkauf tätigt. Hierfür müssen positive Rahmenbedingungen geschaffen werden. Zum Beispiel durch eine übersichtliche und ansprechende Ladengestaltung, die großzügige Anordnung der Waren, breite Gänge, in denen man sich nicht behindert, eine gute indirekte Beleuchtung und angenehme Hintergrundmusik. Kreative Produktinszenierungen und ungewöhnliche Kombinationen helfen, den Kunden auf seinem Weg durch das Geschäft zum Anhalten zu bringen und seine Aufmerksamkeit auf das Produkt zu lenken. Alle diese Maßnahmen führen dazu, dass sich die Kunden in einem Geschäft wohlfühlen und das Einkaufserlebnis als solches positiv wahrnehmen.

Einkaufserlebnis mit allen Sinnen genießen

Neben einem ansprechenden Shop-Design ist es sinnvoll, im Rahmen des Einkaufs möglichst alle Sinne der Kunden anzusprechen. Dies haben bereits viele Händler erkannt. Inzwischen ist es üblich, dass im Einzelhandel Musik und Gerüche für die Stärkung der Empfindung der Kunden eingesetzt werden. Neben dem Seh-, Hör- und Geruchssinn ist vorwiegend der Geschmackssinn ein bedeutungsvoller Sinn. Je stärker die Sinne angesprochen werden, desto mehr schätzen die Kunden, was ein Geschäft zu bieten hat. Dabei sollte man sich nicht nur auf die Optik des Geschäfts konzentrieren. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, um mit den Kunden im Geschäft zu interagieren und ein multisensorisches Erlebnis zu schaffen. Erinnerungen, die die fünf Sinne der Menschen ansprechen, haben einen größeren Wiedererkennungsfaktor. Daher ist es unbedingt notwendig, die Werte, die mit der Marke vermittelt werden möchten, mit den Erlebnissen, wie Genuss, Spaß, Gesundheit, Luxus, Sportlichkeit, Natürlichkeit, Umweltbewusstsein zu verknüpfen sind. Denn beim Erlebnishandel geht es vordergründig um ein personalisiertes, unvergleichliches Einkaufserlebnis. Dazu detailliert auch der Blog “Mit allen fünf Sinnen Einkaufen – Handel in 2025 (4)“.

Was ist Erlebnis-Einzelhandel?

Die Begriffe „Erlebnis-Einzelhandel“, „Erlebniseinkauf“, Englisch „experimental retail“ oder auch “Retailtainment” werden mittlerweile in verschiedenen Ausprägungen verwendet. Aber eigentlich sind es die folgenden Merkmale, die den Erlebnis-Einzelhandel vom traditionellen Einzelhandel unterscheiden: Er schafft einzigartige und teilbare Erlebnisse für Kunden, stimuliert die Sinne der Kunden, geht auf die Bedürfnisse der Kunden ein und befriedigt die Erwartungen der Kunden und bietet Dienstleistungen im stationären Geschäft. Die genannten Merkmale charakterisieren den Erlebnis-Einzelhandel. Aber bei all diesen Merkmalen ist der Erlebnis-Einzelhandel nicht gleich dem Erlebnis-Einzelhandel. Es gibt unterschiedliche Ausprägungen und Varianten.

Erlebnis-Einzelhandel schafft persönliche Erfahrungen

Der Erlebnis-Einzelhandel schafft einzigartige, erlebbare, teilbare und vor allem persönliche Erfahrungen. Geschäfte des Erlebnis-Einzelhandels bieten mehr als nur Produkte an. Denn sie tauchen die Kunden in die Welt der Marke oder in eine Kultur ein und zeigen, was sie einzigartig macht. Im Gegensatz zu den traditionellen Geschäften sind diese Geschäfte hochgradig kuratiert und legen Wert auf Kommunikation der Erlebnisse und Erfahrungen. Was aber macht das Einkaufen zum Erlebnis? Wie werden die unterschiedenen Einkaufssituationen als Erlebnis empfunden. Das ist sicherlich sehr individuell zu sehen. Jeder Einkäufer ist unterschiedlich, jeder hat verschiedene Erwartungen, die befriedigt werden müssen. Daher ist ein allgemeingültiges Konzept nicht umsetzbar und nachhaltig. Je nach Händler besteht das optimale Einkaufserlebnis aus unterschiedlichen Komponenten. Dies kann eine gute Beratung, das Ausprobieren der Produkte, das exklusive Sortiment, das Shop-Design, die optimalen Öffnungszeiten oder auch der Rabatt oder Coupon sein.

Douglas Flagship-Store in Berlin

Duft und Schönheit erleben – Douglas Flagship-Store in Berlin (Quelle: Douglas)

Shopping, Einkauferlebnis, Genuss – L&T Erlebnis-Einzelhandel

Als Vorzeigebeispiel für Einkaufserlebnisse wird seit Jahren das Kauf- und Sporthaus L&T (Lengermann & Trieschman) aus Osnabrück angeführt. Auf 5.000 Quadratmetern hat L&T in der Osnabrücker Innenstadt ein Kaufhaus und Sportgeschäft erschaffen, das eine einzigartige Erlebniswelt anbietet. Das Highlight bildet die “Hasewelle” (Hase ist ein Fluss, der durch Osnabrück fließt), eine stehende Welle, auf der man im Geschäft Surfen lernen kann oder einfach den Hobbyservern zuschauen kann. Ein Fitnessstudio mit Höhentraining, kulinarische Genusswelten und diversen Events runden das Bild ab. So wird für Kunden das Shopping zu einem einmaligen Erlebnis. All diese kreativen Erlebnismassnahmen zahlen sich aus. Auf ihrer Webseite werben L&T mit den Slogans “Shopping – Erlebnis – Genuss”, genau das, was den Erlebnis-Einzelhandel ausmacht.

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Einzigartige Produktdarstellung und Einkaufserlebnis – Lush Erlebnis-Einzelhandel

Lush stellt frische und handgemachte Naturkosmetik her und verkauft diese in 936 Geschäften in 49 Ländern und auch online. Lush legt besonderen Wert auf ein einzigartiges Einkaufserlebnis. In den Filialen ist es möglich, alle Produkte auszuprobieren. Zudem werden die Geruchssinne durch einen starken Seifenduft aktiviert. Eine App greift das besondere Einkaufserlebnis des „Stöbern und Ausprobierens“ auf. Es besteht die Möglichkeit, Produkte “nach Stimmung“ zu erwerben. Dazu wurden Kategorien entsprechend unterschiedlicher Stimmungslagen wie z.B. „ruhig“ oder „glücklich“ erstellt. Außerdem bietet die App die Möglichkeit, Zugang zu ausführlichen Informationen rund um die Inhaltsstoffe der Produkte zu bekommen. Dazu müssen Kunden über bereitgestellte Mobiltelefone im Store nur ein Foto von dem eingepackten Produkt machen. In Großbritannien bietet die Marke einen “Lush Concierge-Service” – einen sprachbasierten Einkaufsassistenten, dem Kunden Fragen zur Verfügbarkeit von Produkten oder zum Standort der nächsten Filiale, stellen können.

Lush-Erlebnis-Einzelhandel

Einzigartige Produktdarstellung und Einkaufserlebnis – Lush-Erlebnis-Einzelhandel (Quelle: Lush)

Räume für die Entdeckung von Geist und Schönheit – L’Occitane Erlebnis-Einzelhandel

Der Erlebnis-Einzelhandel schafft auch Räume, die gar nicht wie Geschäfte aussehen oder funktionieren. Das Kosmetikunternehmen L’Occitane en Provence – bekannt für seine reichhaltige Handcreme, Hautpflege, Körperpflege und Düfte – betreibt ein Erlebnis-Einzelhandelsgeschäft an der New Yorker 5th Avenue. Dort erwartet die Kunden ein einzigartiges Geschäft, gefüllt mit endlosen Entdeckungen des Geistes und der Schönheit der Provence. Beim Betreten des Geschäfts werden die Kunden von einer Reihe von Fahrrädern begrüßt, die sich vor einem Hintergrund befinden, der an die üppigen, gepflasterten Straßen der Provence erinnert. Der Raum dient auch als Rückzugsort von der sommerlichen Hitze – Kunden können sich an entspannenden Handmassagen und provenzalischen Leckereien erfreuen, personalisierte Souvenirs kreieren und Artikel kaufen. Das Geschäft ist mit einzigartigen Skulpturen und Installationen gefüllt. Die Menschen können das Geschäft auch nur besuchen, um zu fotografieren oder es zu erkunden, was sie wiederum mit der Marke vertraut macht. Sogar der Geruch und der Sound sind an jedem Ort unterschiedlich, was den Besuch jedes Ladens zu einem Erlebnis macht. Weitere Beispiele und mehr zum L’Occitane-Geschäft bei “Erlebnis-Einzelhandel bestimmt den Handel in 2025 (7)“.

L'Occitane Erlebnis-Einzelhandel

Räume für die Entdeckung – L’Occitane Erlebnis-Einzelhandel (Quelle: L’Occitane)

Erlebnis-Shopping – der Handel wird zum dritten Ort

Damit die Kunden zurückkommen, muss einiges geboten werden: Digitale Auffindbarkeit, ein ansprechendes Sortiment, die individuelle Beratung, Bequemlichkeit und vor allem Dingen: Retailtainment, der Erlebniseinkauf. Erfolgreiche Marken und Händler haben viel in die Entwicklung von Erlebnis-Stores investiert. Warum? Ein durchdachtes Shop-Design und Einkaufen, das die Sinne der Menschen anspricht und das authentische Bilder anbietet, ist der Schlüssel zur Beherrschung benutzergenerierter Inhalte im Geschäft. Hinzu kommen die Möglichkeiten, emotionale Verbindungen zu den Kunden durch personalisierte und ansprechende Erlebnisse aufzubauen. Warum ist das wichtig? Die Boston Consulting Group hat in einer Studie festgestellt, dass Marken und Händler, die sich auf Engagement und Personalisierung konzentrieren, ihren Umsatz um 6 bis 10 % steigern. Der Einkauf in einem Geschäft wird nicht mehr von der Notwendigkeit bestimmt, etwas zu kaufen. Es geht vielmehr um das Gefühl der Entdeckung und der Begeisterung, etwas Neues zu finden und zu erleben. In-Store Erfahrungen, die die Sinne eines Kunden aktivieren, führen zu einer stärkeren emotionalen Bindung an die Marke und ihre Produkte oder Dienstleistungen. Der stationäre Handel wird zum dritten Ort, an dem sich die Menschen wohlfühlen und einkaufen.

Serie – Einkaufserlebnisse im Handel

Zu guter Letzt: In einer Serie von Beiträgen beleuchteten wir die Einkaufserlebnisse im Handel von verschiedenen Seiten. Dabei gilt es aufzuzeigen, wie der Erlebnis-Einzelhandel in Zukunft aussehen wird. Der Bogen spannt sich über das Erlebnis Shopping, Social Shopping, Personal Shopping und das Service Shopping. Viele Beispiele zeigen erste und innovative Ansätze im Erlebnis-Einzelhandel.

In diesem Zusammenhang erschienen sind bereits die folgenden Beiträge: