Erlebnis-Shopping im Dorfladen – Einkaufen im ländlichen Raum ist seit Jahren ein akutes Problem. Insbesondere für Bevölkerungsgruppen in ländlichen Gebieten, die nicht selbstständig am Pkw-Verkehr teilnehmen können, wie junge, ältere und sozial schwächere Menschen, stellt die Nahversorgung eine zentrale Herausforderung dar. Wie kam es dazu? Früher gab es auch in ländlichen Gebieten in fast jedem kleinen Dorf ein “Tante Emma-Geschäft”. Diese mussten schließen, es gab keine Nachfolge mehr und für Supermärkte sind die kleinen Dörfer zunehmend unattraktiv, denn die Einwohnerzahl ist niedrig und besonders kaufkräftige Berufstätige mit ihren Familien wandern in die größeren Städte ab. Im Ergebnis lässt sich in vielen ländlichen Regionen bereits aktuell eine deutlich eingeschränkte Nah- und Grundversorgung feststellen. So zeigen aktuelle Erreichbarkeitsanalysen von Nahversorgungseinrichtungen, dass bereits zwei Drittel der Bewohner ländlicher Räume z.B. weiter als 1 km bzw. 15 Minuten Fußweg vom nächsten Lebensmittelgeschäft entfernt wohnen. Wenn zudem Bäcker im Dorf, das Café in der Ortsmitte verschwinden, die Sparkasse oder der Supermarkt schließen, und die Post oder die Reinigung wegfallen – fehlen gerade in den ländlichen Regionen Alternativen. Doch was ist tun, wenn der letzte Supermarkt schließt? Das Problem wurde von vielen Kommunen, aber auch von den Menschen in ländlichen Regionen erkannt und aufgegriffen. Sie wollten nicht tatenlos zuschauen, sondern eine Lösung aus der Misere finden. Vielversprechende Ansätze bilden stationäre und mobile Dorfläden. Erlebnis-Shopping im Dorfladen.

Erlebnis-Shopping im Dorfladen und Schließung der Versorgungslücke 

Viele Bürger wollen nicht mehr darauf warten, bis ein Ladenbetreiber einen Dorfladen öffnet. Sondern gründen einen Verein und eröffnen selbst einen Dorfladen mit frischen Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. Das Konzept wird immer beliebter. Doch, was macht einen erfolgreichen Dorfladen aus? Und: Warum ist das Einkaufen im Dorfladen ein Shopping-Erlebnis?

Zunächst einmal gründen die Dorfeinwohner etwa eine Genossenschaft oder einen wirtschaftlichen Verein, informieren sich über Fördergelder, tragen Startkapital zusammen und eröffnen in Eigeninitiative einen kleinen Dorfladen. In ihm gibt es vor allem die frischen Lebensmittel, die viele Haushalte mehrmals pro Woche einkaufen. Und darüber hinaus meist auch weitere Artikel des täglichen Bedarfs, um die Grundversorgung sicherzustellen. Sonstige Zusatzangebote sorgen oft für das gewisse Extra. Das Angebot des Ladens richtet sich an den Wünschen der Bürger aus. Und die möchten in der Regel keinen zweiten Supermarkt, sondern vor allem regionale Produkte, bis hin zu natürlichen Lebensmitteln. Dabei spielen auch Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein eine große Rolle. Hinzu kommt, dass sich die Menschen mit den heimischen Waren besser identifizieren können.

Erlebnis-Shopping im Dorfladen - neue Läden braucht das Land

Erlebnis-Shopping im Dorfladen – neue Läden braucht das Land (Quelle: neuland21.de)

Dorfladen mit Erlebnis- und Treffpunkt-Charakter

Was macht noch den Unterschied zu einem Supermarkt aus? Das ist der Treffpunkt-Charakter! Der soziale Treffpunkt, sprich ein integriertes Café mit regionalem Kaffee und hausgemachten Kuchen, weitere Einrichtungen wie beispielsweise eine Postannahmestelle, ein Zeitschriftenregal, ein Buchhandelsverkauf, das Vollsortiment, das in der Regel alle Dorfläden bieten, ein oftmals warmer Mittagstisch, ein regionales Bäcker- und Metzgerangebot und das individuelle „Tante Emma“-Einkaufserlebnis. Sozusagen ein Multifunktionsladen für Jung und Alt direkt vor Ort. Hier ist Erlebnis-Shopping angesagt – der stationäre Dorfladen lädt zum Verweilen ein.

Treffpunkt Dorfladen

Treffpunkt Dorfladen (Quelle: dorfladen-netzwerk.de)

Erlebnis-Shopping im Dorfladen Jagsthausen – 10-jähriges Jubiläum für ein Erfolgsrezept 

Vor zehn Jahren wurde “Unser Dorfladen Jagsthausen” eröffnet. Der Dorfladen feierte im letzten Jahr Jubiläum. Er ist inzwischen weit mehr als nur eine Einkaufsmöglichkeit, sondern auch sozialer Mittelpunkt des kleinen Dorfes, Begegnungsstätte und Kommunikationszentrum. Und nicht mehr wegzudenken. Nach zehn Jahren lässt sich der Dorfladen als Erfolgsgeschichte in Jagsthausen, Kreis Heilbronn, feiern. Vor über zehn Jahren schloss dort der einzige Nahversorgungsladen. Die Konsequenz war, dass es im Umkreis von 12 Kilometern keine Einkaufsmöglichkeiten mehr gab. Und der Plan, einen Discounter anzusiedeln, scheiterte. Die Idee für einen eigenen Dorfladen wurde geboren. In einem Genossenschaftsprojekt wurde der Dorfladen eröffnet. Der Dorfladen wird getragen von der Dorfgemeinschaft, viele Mitarbeiter kommen aus dem Dorf und Umgebung und arbeiten dort ehrenamtlich. Treue Kunden aus dem Dorf tragen dazu bei, dass der Dorfladen ein Erfolg wurde. Hört man sich unter den Kunden um, sagt keiner, dass er hier nur das kauft, was er vielleicht in einem großen Supermarkt, 12 Kilometer entfernt, vergessen hat. Vor allem für die Älteren in Jagsthausen bedeutet der Dorfladen eine echte Erleichterung, die Grundversorgung zu sichern. Der Laden wurde sogar so gut angenommen, dass er bis heute mehrfach erweitert wurde. Vor acht Jahren kam ein Café dazu. Auch um das wachsende Sortiment unterzubekommen, wurde an den Laden angebaut und inzwischen gibt es auch eine kleine Terrasse draußen. Weiterhin sind neue Services, wie ein Paketshop, dazugekommen.

Einkaufen im Dorfladen Jagsthausen macht Spaß

Das Einkaufen im Dorfladen macht Spaß. Er bietet ein neues Einkaufserlebnis: Zum einen ist es ein Erlebnis im eigenen Laden einzukaufen, weil viele Einwohner Anteile am Dorfladen über die Genossenschaft halten. Die heutige Leiterin Claudia Klappenecker erzählt stolz, dass viele Großeltern ihren Enkeln zur Geburt Anteile am Dorfladen kaufen. Aber nicht zuletzt, deshalb läuft er so gut. Nein, der Dorfladen ist auch ein Erlebnis-Ort und Ort der Zusammenkunft. Viele aus dem Ort oder der Nachbargegend treffen sich auch hier zum Kaffeetrinken. Wenn es den Dorfladen nicht gäbe, wäre Jagsthausen ganz, ganz einsam.” sagt Sieglinde Parys, ehemalige Angestellte und ehrenamtliche Helferin im Dorfladen. Das etwas andere Einkaufserlebnis – Erlebnis-Shopping im stationären Dorfladen.

Erlebnis-Shopping im Dorfladen - Dorfladen Jagsthausen

Erlebnis-Shopping im Dorfladen – Dorfladen Jagsthausen (Quelle: www.dorfladen-jagsthausen.de)

Erlebnis-Shopping im fahrenden Dorfladen oder rollendem Supermarkt

Neben den stationären Dorfläden ist der fahrende Dorfladen ein Konzept, das auch in ländlichen Gebieten und in Regionen mit eingeschränkter Mobilität Einzug gehalten hat. Es handelt sich dabei um einen mobilen Lebensmittelladen, der in einem Fahrzeug untergebracht ist und regelmäßig verschiedene Orte anfährt. Diese rollenden Supermärkte bieten den Menschen in den bedienten Gebieten eine bequeme Möglichkeit, frische Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs zu kaufen. Sie tragen dazu bei, die Lebensmittelversorgung in Gebieten zu verbessern, in denen traditionelle Supermärkte möglicherweise nicht vorhanden oder schwer zugänglich sind. Das Konzept ist nicht neu: In den Jahren 1960/1970 gab es sie schon einmal, die fahrenden Händler. Fahrende Händler, die mit Brot, Käse, Milch und Marmelade im Kleinlaster und aufklappbarer Ladentheke den Supermarkt in die eigene Straße brachten. Doch auch wenn sie oft verschwunden sind: Es gibt sie noch und das Konzept ist zurück. Also alles wie gehabt: Es gibt sie noch, die durchdringend klingelnden Supermärkte, die in der eigenen Straße halten und die eine Grundausstattung für den Alltag dabeihaben. Mobile Verkaufsstellen heißen die rollenden Märkte und sie haben Konjunktur, zumindest wenn sie das richtige Sortiment dabeihaben.

Fahrende Dorfläden bieten umfangreiches Produktangebot und zusätzliche Services

Das Angebot besteht aus Produkten des täglichen Bedarfs. Was regional bezogen werden kann, wird von Erzeugern aus der Region angeboten, Waren darüber hinaus werden bei einem Lebensmittelgroßhändler bestellt. Welche Waren der mobile Dorfladen transportieren soll, kann im Rahmen der Beteiligung der Bürger in der Region erhoben werden, um die Bedarfe bestmöglich abzudecken. Zudem werden im rollenden Supermarkt weitere Services angeboten, wie die Auslieferung von Arzneien, Abheben von Bargeld oder die Abholung von Waren, die über den Online-Shop bestellt wurden. Bestellte Waren werden dann kommissioniert und können fertig gepackt, einfach und schnell an einem ausgewählten Haltepunkt des rollenden Supermarktes abgeholt werden.

Zusatzservices im rollenden Supermarkt

Zusatzservices im rollenden Supermarkt (Quelle: www.heiko.info)

Erlebnis-Shopping im Dorfladen HEIKO – rollender Supermarkt mit über 25.000 Kunden

In der Eifel kennt man den Begriff ‘das Heiko-Auto kommt’. Der Anbieter HEIKO fährt mit kleinen Verkaufswagen über die Dörfer und bietet Produkte des täglichen Bedarfs an. Der Slogan: “Kauf zu Haus. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten”. Seit 1950 werden mehr als 25.000 Kunden jede Woche in der Eifel, dem Moseltal und bis in den Hunsrück und im angrenzenden Belgien und Luxemburg beliefert. HEIKO bietet ein speziell ausgewähltes Sortiment und Produkte, überwiegend aus der Region. Mittlerweile werden zusätzlich noch weitere mobile Services angeboten, z.B. für Schulen den Pausenflitzer, Schulmilch und Schulobst, und für Firmen das Firmenobst. Mit 150 Mitarbeitern und 60 Supermärkten auf Rädern erreicht die Kette Kunden in 2.000 Dörfern. Die Abläufe sind hoch professionalisiert, der Absatz ist durch die große Kundschaft gut und das Unternehmen weiß genau, dass eine Tour 80 bis 100 Kunden erreichen muss, damit sie sich finanziell lohnt. Eine solche Reichweite aufzubauen ist jedoch nur möglich, wenn in einer großen zusammenhängenden Region viele Dörfer keinen Supermarkt mehr haben.

Erlebnis-Shopping im Dorfladen - HEIKO rollender Supermarkt

Erlebnis-Shopping im Dorfladen – HEIKO rollender Supermarkt (Quelle: www.heiko.info)

Peter Häusl’s rollender Dorfladen im Bayerischen Wald

Willkommen und ein herzliches „Grüß Gott“, so werden die Kunden auf der Webseite von Peter Häusl’s rollendem Dorfladen im Bayerischen Wald empfangen. “Wir freuen uns, dass sie den Weg zu uns gefunden haben! Sie wollen die Gelegenheit nutzen, ganz bequem und direkt vor der Haustür einzukaufen? Ihre Zeit ist knapp bemessen und daher kommt ihnen ein mobiler Einkaufsservice gerade recht? Sie sind zurzeit oder generell nicht mobil? Sie möchten sich ein Stück Eigenständigkeit bewahren und nicht ständig auf andere angewiesen sein? Oder möchten sie den Einkaufsservice einfach für einen guten Kontakt nutzen? Vielleicht auch zu einem Treffpunkt mit ihren Nachbarn?

Was bietet Peter Häusl’s rollender Dorfladen? Zum einen das klassische Supermarktsortiment aus über 900 Artikeln der Firma EDEKA, und zum anderen Spezialitäten von regionalen Kooperationspartnern aus dem Bayerischen Wald, wöchentlich wechselnde Angebote aus dem reichhaltigen Sortiment, täglich frisches Brot, Semmeln und süße Leckereien von Bäckern aus der Region sowie frisches Obst und Gemüse, eine große Wurst- und Käseauswahl, wechselnde Fleischangebot, ein vielfältiges Tiefkühlsortiment, aber auch Getränke, Tageszeitungen und vieles mehr. Auch Sonderlieferungen sind möglich, wie auch Lieferungen von Lebensmittel in Schulen und Kindergärten. Der rollende Supermarkt hält auch vor Seniorenheimen oder Zentren des betreuten Wohnens. Wenn gewünscht, wird auch bei Firmen ein Halt eingeplant, um die Mitarbeiter für Brotzeit oder Mittagspause zu versorgen.

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Shopping im mobilen Dorfladen im Steinwald – Erhöhung der Lebensqualität

Ein Lkw beladen mit Obst, Gemüse, Hygieneartikeln und Tierfutter, das ist der mobile Dorfladen der Steinwald-Allianz (Bayern), einem Verbund aus 16 Gemeinden im Landkreis Tirschenreuth. Als rollender Supermarkt steuert ein Lkw ländliche Orte an, um die Menschen mit Produkten des täglichen Bedarfs zu versorgen. Das Grundkonzept: ein Verkaufsfahrzeug, das mit dem kompletten Sortiment eines Dorfladens die kleinsten Orte anfährt und auf seiner Tour auch Produkte regionaler Erzeuger aufnimmt. Damit bewarb sich der Zweckverband 2016 beim Wettbewerb „Digitales Dorf“ der Bayerischen Staatsregierung – mit Erfolg. Gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft setzt er das Projekt um. Die Firma MAN bot dazu einen umgebauten Lkw zum Leasing an, der für die Einhaltung der Kühlketten und die Anbindung an einen Online-Shop auch digital ausgestattet wurde. Seit August 2018 fährt der mobile Dorfladen mit rund 400 Artikeln 33 Ortschaften an. An sechs Tagen in der Woche finden die Menschen hier alles für den täglichen Bedarf. Zusätzlich werden Bargeldabhebung und eine Lotto-Annahmestelle geboten. Zudem werden mehrere Seniorenwohnheime in der Region angefahren. Durch eine Hebebühne am Heck des Fahrzeugs gelangen auch Menschen im Rollstuhl und mit Bewegungseinschränkungen problemlos in den Verkaufsraum. Wer mag, kann die Waren bald auch vorab im Online-Shop bestellen, bezahlen und am Lkw abholen.

Erlebnis-Shopping im Dorfladen

Erlebnis-Shopping im Dorfladen – Mobiler Dorfladen (Quelle: Steinwald-Allianz)

Erlebnis-Shopping im Dorfladen

Stationäre wie auch fahrende Dorfläden helfen nicht nur dabei, die aktuelle Nahversorgungslücken in ländlichen Gebieten zu schließen, sie bieten zudem auch ein neues Einkaufserlebnis und Erlebnis-Shopping. Dazu trägt sicherlich zum einen das vielfältige Sortiment bei, das nicht nur aus Lebensmitteln und Waren für den täglichen Bedarf besteht, sondern auch Zusatzservices wie eine Lotto-Annahmestelle, Paketdienst, Café und vieles mehr. Auch Sonderwünsche werden berücksichtigt und besorgt. Hinzukommt, ein Dorfladen ist auch ein sozialer Ort”. Es werden Informationen über den Ort ausgetauscht, Tipps gegeben, wie z.B. zu einem neuen Augenarzt. Etwas Nachbarschaftshilfe gehört auch dazu – wie im Tante-Emma-Laden.  Sowohl der stationäre Dorfladen als auch fahrende Dorfladen bieten ein neues Einkaufserlebnis.

Einen Überblick zu Dorfläden bietet folgende Webseite.

Serie – Einkaufserlebnisse im Handel

Zu guter Letzt: In einer Serie von Beiträgen beleuchteten wir die Einkaufserlebnisse im Handel von verschiedenen Seiten. Dabei gilt es aufzuzeigen, wie der Erlebnis-Einzelhandel in Zukunft aussehen wird. Und der Bogen spannt sich über das Erlebnis Shopping, Social Shopping, Personal Shopping und das Service Shopping. Dabei zeigen schon viele Beispiele erste und innovative Ansätze im Erlebnis-Einzelhandel.

In diesem Zusammenhang erschienen sind bereits die folgenden Beiträge: